Irgendwann einmal… Probleme der Jugendlichen in Großsiedlungen

AT 1973, Farbe, 43 Min.

R: Robert Dornhelm

Regie: Robert Dornhelm
Kamera: Franz Köberl
Originalton: Helmut Freulich
Weitere Credits: Text: Peter Huemer

Probleme von damals und heute…

Victor Strauch

In einem Special unter dem Titel “Whose Streets? Our Streets!” zeigt die  Diagonale 2021 drei Dokumentarfilme aus den 70er und 80er Jahren über die  sozialen Probleme der jungen Generation in Städten. Ein Beitrag des ORF von  1973 offenbart dabei weitreichende Prallelen zur Gegenwart. 

Irgendwann einmal… Probleme der Jugendlichen in Großsiedlungen, im Jahr 1973 unter der Leitung  von Robert Dornhelm vom ORF produziert, führt einem die schäbige und aussichtslose  Lebensrealität Wiener Jugendlicher im Außenbezirk Simmering vor Augen. Umgeben von scheinbar  endlos in die Ferne reichenden grauen Siedlungsbauten aus Beton finden sich die Jugendlichen in  einer räumlichen und gesellschaftlichen Enge ohne Rückzugsorte wieder, die sie verzweifeln lässt.  Die geplanten Satellitenstädte bieten zwar Wohnraum, doch für sie nichts darüber hinaus. In  eindrücklich beklemmenden Bildern verdeutlicht Kameramann Franz Köberl das Gefühl der  Eingezwängtheit inmitten all der gleichaussehenden Wohnhäuser die sich durch das in Untersicht  gefilmte Entlangstreifen der Kamera an den Häuserwänden zwangsläufig auf den Zuschauer  überträgt. Den Jugendlichen bleibt nichts anderes übrig, als in ihrer Freizeit auf Parkflächen und  Bänken herumzulungern, wobei sie auch schon mal von Anrainern aus den Fenstern der  umliegenden Gebäude heraus aufgefordert werden sich zu schleichen.  

Der Konflikt zwischen den Generationen, der Kampf um öffentlichen Raum erweist sich dabei als  politisches Versäumnis. “Man hat auf ihre Probleme vergessen und so werden sie selbst zum  Problem” heißt es an einer Stelle von Peter Huemer aus dem Off. Zwar wird den Querulanten nach  einer Demonstration eine Bleibe für einen Jugendclub zur Verfügung gestellt, dieser aber nach  kurzer Zeit wegen einer Prügelei wieder geschlossen. Bis auf eine Deponie aus Betonabfall und die  Hütte einer alten Frau, die den jungen Leuten einen Zufluchtsort gewährt, können sie nirgendwo hin  um sich auszuleben. Besonders abgründig wird es, wenn sie durch Löcher in der Erde in kleine  unterirdische Höhlen unter Bergen von Betonbrocken abtauchen. Aus diesem tristen Leben am  Rande der Großstadt flüchten nicht wenige der Jugendlichen in die Kriminalität oder den  Drogenrausch. Immer wieder soll es laut den Siedlungsbewohnern zu Einbrüchen kommen, bei  denen allerdings keine Wertsachen entwendet werden. “Aus Langeweile” würde dies passieren, da  die Jugendlichen mit sich nichts Besseres anzufangen wissen. Daneben stellt Rauschgift eine  attraktive Freizeitbeschäftigung dar. In einer bedrückenden Szene erzählt einer der Jugendlichen mit  überraschender Selbstreflexion von seinen ersten Erfahrungen mit LSD und Heroin bis hin zu einem  gescheiterten Selbstmordversuch. 

Unter veränderten Vorzeichen scheinen die Probleme von damals heute erneut unser öffentliches  Leben, insbesondere in den Städten, zu bestimmen. Die Frage nach der Verteilung von öffentlichem  Raum, die Frage “Wem gehört die Stadt?”, schließt nicht nur an die Eigentumsfrage an, sondern  heute mehr denn je auch an die Klimafrage. Was die junge Generation heute umtreibt ist nichts  anderes als das, was die städtischen Jugendlichen in den 70er Jahren an ihrer Umwelt verzweifeln  ließ: Perspektivenlosigkeit, die Aussicht auf ein Leben, das weniger Wohlstand bietet als das, der  Vorgängergeneration, sowie das Vorfinden verkrusteter Machtstrukturen in Politik und Gesellschaft,  die auf keine baldige Veränderung hoffen lassen. Das Aufmachen einer Alternative für die Zukunft  bleibt jedoch letztlich auch der Film schuldig.