von Jeronimo Restrepo Galecki
In TNT Boxerstory (2018) von Mark Gersthofer geht es um einen Boxer, der sich mit seiner Käuflichkeit und Entscheidungsfreiheit auseinandersetzt. Protagonist T – oder auch TNT – erklärt, er habe sich in seinem Leben nur zweimal bestechen lassen. Das ersten Mal wurde er von seinem Coach hintergangen, der ihn dazu überredete zu verlieren. Beim zweiten Mal wird er von seinem neuen Coach gefordert, dass er für einen Wetteinsatz verliert. TNT jedoch entscheidet sich dazu, den Kampf zu gewinnen, was er letzten Endes trotz eigener Überzeugung nicht schafft.
Dieser Kurzfilm übernimmt einige Elemente von anderen Filmen, die ebenfalls das Leben eines Boxers darstellen. TNT Boxerstory arbeitet mit der Geschichte eines Ex-Weltmeisters, so wie die letzten Filme der Rocky-Filmreihe. Gersthofer verpasst der Geschichte einen Twist, indem die Erfahrungen des Protagonisten am Ende kein positives Ende nehmen oder eine positive Nachricht zeigen. TNT’s Geschichte fängt mit Betrug und Käuflichkeit an und endet auch damit. Im letzten Boxkampf wird für kurze Zeit ein Happy-End angedeutet, indem mittels eines inneren Monologs TNT’s Überzeugung verdeutlicht wird, er könne den Kampf gewinnen. Das Blatt wendet sich jedoch: TNT wird bewusst, dass seine Überzeugungskraft allein den Kampf nicht gewinnen kann und sein Körper letztendlich aufgibt. Er verliert den Kampf, gewinnt dabei aber den versprochenen Anteil des Wetteinsatzes.
Ähnlich wie bei Southpaw (2015) wird der Protagonist ausgebeutet und verlassen, jedoch konzentriert sich Gersthofer nur auf die Wahrnehmung aus TNT’s Perspektive . Seine Freundin verlässt ihn nach dem ersten Kampf im Film, weil er sie wegen Untreue beschuldigt und sich später herausstellt, dass er sie deshalb geschlagen hat. Kurz vor dem letzten Kampf stoßen sie zufälligerweise aufeinander und er lädt sie ein, zu seinem Kampf zu kommen. T hat daraufhin den Einfall, das Schicksal bestimmen zu lassen, ob er gewinnt oder verliert. Sollte seine Ex-Freundin auftauchen, so holt er den Sieg. Als er während des Kampfes einsieht, dass sie nicht kommen wird, beginnt seine Niederlage. Nur als er seinen ehemaligen Coach im Publikum glaubt zu erkennen, kehrt seine Überzeugungskraft zurück. Dem Publikum wird vorgespielt, dass er – wie in so vielen Rocky-Filmen ebenfalls – entgegen aller Vorstellung den Kampf gewinnen kann. Deshalb kommt seine Niederlage umso überraschender. Diese erweist sich zwar als ein finanzieller Erfolg für TNT, anders als im ersten Kampf, bei dem sein ehemaliger Coach mit dem gesamten Gewinn verschwand. Dieser verlorene Boxkampf war nicht nur eine Niederlage im Ring, sondern auch in seinem Leben. Er erkennt, dass er keinen Menschen hat, der ihm nahesteht und ihn unterstützt. Was ihm bleibt, ist sein Coach, der ihn für Geld ausnutzt. In der letzten Einstellung ist an TNT’s besiegter Haltung und seinem leeren Blick zu sehen, dass er dieser Erkenntnis nun völlig erlegen ist. Nichtsdestotrotz gibt es aber ein mehrdeutiges Ende für die Geschichte, die erst im Abspann gezeigt wird. TNT tanzt in einer Bar gemeinsam mit seiner Ex-Freundin eng umschlungen. Dies könnte, wie auch der erste Kampf, eine Rückblende sein oder eine Vorstellung bzw. ein Traum. Die Existenz dieser Szene lässt die Möglichkeit einer Versöhnung von TNT mit seiner Ex-Freundin Vanessa zu.
Gersthofer schafft es zwar, in den Boxkämpfen die Spannung zu halten und den Konflikt TNT‘s zu verdeutlichen, indem sein innerer Monolog zu hören ist, jedoch sind die Kampfszenen nicht besonders überzeugend. Die Härte und Rohheit eines Rocky-Kampfes werden nicht erreicht und es ist mehrmals sichtbar, dass die Schauspieler ihre Schläge zurückhalten oder diese gar nicht ankommen. Hierbei fehlte es entweder an Kameraführung oder aber an schauspielerischen Einsatz. Somit leidet die Glaubwürdigkeit der Boxkämpfe: Das Publikum wird aus der Immersion herausgerissen, da es sich auf diese auffälligen Elemente konzentriert und nicht auf den Verlauf des Kampfes.
TNT Boxerstory ist ein rührender und nihilistischer Film. Es wird der Zwiespalt eines Menschen dargestellt, der damit kämpft, sich selbst treu zu bleiben oder aber sich dem Opportunismus zu beugen. Dabei wird T von seinen Mitmenschen ungeachtet dessen, wofür er sich entscheidet, allein gelassen. Trotz den etwas unrealistischen Kampfszenen schafft es Gersthofer die Spannung bis zum Ende des Kurzfilms zu halten und eine packende Geschichte zu erzählen.