Sommer Erwachen

Review by Ayla Mandoj

Provence, by Kato De Boeck, Belgium/France 2018

Die 11-jährige Camille, ihr jüngerer und ihr älterer Bruder, verbringen den jährlichen Familienurlaub in der französischen Provence. Der idyllische Sommerurlaub der niederländischen Familie neigt sich langsam dem Ende zu und Camille und Tuur machen sich neben ruhigen Stunden am Pool auf letzte kleine Abenteuer. Sie erkunden das Campinggebiet und treffen auf zwei junge Mädchen.[1]

Der Fokus liegt auf der ruhigen und doch neugierigen Camille, die die Mädchen zu bewundern scheint, wie sie regungslos da liegen und die Sonnenstrahlen in ihre gerötete Haut aufsaugen. Die Bewunderung, vielleicht sogar Attraktion scheint jedoch in Eifersucht umzuschlagen, als ihr großer Bruder und Seelenverwandter Tuur von den zwei Teenagern quasi entführt wird und Camille links liegen gelassen wird. Sie verfolgt die tanzenden Gestalten und schafft es dann an dem Dreiergespann teilzuhaben. Zwischen Bäumen, Blättern und Sonnenstrahlen findet sich das blonde Quartett bei einer Runde „Pflicht oder Wahrheit“ wieder. Tuur scheint sich bei der Beantwortung der Fragen schwieriger zu tun, als seine Spielpartnerinnen.  Die Tage enden jeweils im Schlafzelt der drei Geschwister, in dem wir  in die intime Atmosphäre Einblick bekommen, in der Camille die Eindrücke des Tages verarbeitet und von anderen Gedanken oder Insekten wachgehalten wird. Camille möchte Tuurs Geheimnis erfahren, welches er beim „Wahrheit“-Spiel nicht verraten wollte. Sie ist neugierig in wen er verliebt ist. Nach längerem Raten stellt sich heraus, dass es weder eine der zwei Mädchen vom Campingplatz, noch eine andere aus seinem Umfeld ist. Anfangsbuchstabe: A. Es sind nicht Aline, Anne oder Ada, in die Tuur verliebt ist… sondern Alexander.

Der zwanzigminütige Master-Abschlussfilm der Regisseurin Kato De Boeck arbeitet mit heller Belichtung, verschwommenem Lichtreflexen, intimen Großaufnahmen und ästhetischen Kontrastfarben.[2] Jedes Wasserplätschern und jedes andere kleinste Geräusch wird eingefangen. Wir werden somit in die melancholische Sommerstimmung hineinversetzt und unternehmen zugleich auch eine Zeitreise zurück in das kindliche bis jugendliche Alter, in denen manche Vorstellungen zerbrechen und andere entstehen. Wir sehen die Welt durch die Augen der jungen Protagonist_innen und sind ihren inneren Konflikten nahe. Wir spüren den Neid, die Neugier, die Wut, die sexuellen Spannungen, die Partnerschaft von Freundschaft oder Geschwisterliebe, die Eifersucht, die Verzweiflung, den Spaß. Erwachsene werden hier höchstens mit Stimmen aus dem Off oder mit auf die Hände reduzierten Aufnahmen dargestellt. Wir sind hier in der Provence, wir sind die Kinder und die heranwachsenden Jugendlichen. Die kindlich vertrauten Situationen nehmen dieses Jahr erstmals eine andere Form an und die Unsicherheit nimmt zu. Wir schauen während der Rückfahrt aus dem Fenster, wissend dass das der letzte Urlaub ist, in dem wir Kind sein werden.[3]

[1] Vgl. 20th Mezipatra Queer Film Festival, „International Short Film Competition. Provence“, Mezipatra, http://www.mezipatra.cz/en/program/schedule/8-2019/film/119/1116-provence.html, 28.11.2019

[2] Vgl. Kortfilm.be, „Provence“,  https://www.kortfilm.be/kortfilm/recensie/provence, 28.11.2019

[3] Vgl. ebd.

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