Wenn der Boden zu Treibsand wird

Review by Aleksandra Gvozdenovic

The Ground Beneath My Feet (Der Boden unter den Füßen),
by Marie Kreutzer, Austria 2019

Im Rahmen des 20-jährigen Jubiläums des Mezipatra Queer Film Festivals wurden eine Reihe interessanter und spannender Filme gezeigt, die sich mit den Themen Diversität, Vorurteil und Queer auseinandersetzen, wobei „Boden unter den Füßen“ einen dieser Filme ausmacht.

In jenem Film „Boden unter den Füßen“, bei dem Marie Kreutzer Regie führte, wird die Geschichte der ehrgeizigen Karrierefrau Lola erzählt, die in zwei Welten zu kämpfen scheint. Denn auch wenn ihr Äußeres ihre inneren Probleme nicht zu widerspiegeln scheint, so hält Lola ihre innere Welt und das angespannte Verhältnis mit ihrer schizophrenen Schwester Conny, die ihren eigenen Kampf in einer Psychiatrie auszufechten versucht, unter Verschluss.

Lolas und Connys zerrüttete Beziehung nimmt ein schleichendes Antlitz an, das sich dem Zuschauer zunehmend offenbart, je mehr sich Lola ihrer Karriere zuwendet und je mehr sie versucht den Schatten ihrer Vergangenheit zu entgehen. Durch die zart eingewobene Beziehung Lolas mit ihrer Arbeitskollegin scheint die innere Anspannung, welche der Film auf die Leinwand projiziert, aufgebrochen zu werden, doch schnell wird klar, dass Lola dem verborgenen Teil ihrer Selbst nicht entkommen kann, wodurch sie durch ihre Vergangenheit schnell eingeholt wird.

Durch den Charakter der Lola kreiert die Regisseurin eine Figur, die den Kampf der eigenen Dämonen unter der Oberfläche anzufechten versucht und dabei mit großer Anstrengung sich selbst als eigenem Feind gegenübersteht. Dabei wird die Thematik und die Frage, wie wir als Gesellschaft mit von psychischen Krankheiten gezeichneten Menschen umzugehen versuchen, geschickt durch die Protagonistin Lola eingeflochten und unmittelbar wird an die Zuschauer*innen jene Frage gestellt, wie die eigene Positionierung zu jenem Thema anzusiedeln wäre.

Im Laufe des Films spitzt sich die Handlung immer mehr zu, bis Lola selbst sich am anderen Ufer ihrer eigenen zerrütteten Psyche wiederfindet und nicht mehr zu erkennen scheint, was Realität ist und was Teil ihrer Selbst konstruierten Fiktion. Der Zwiespalt, dem sich jener Hauptcharakter gegenüber sieht, wird zunehmend spürbar, als sich Lola mit einem weiteren Schicksalsschlag konfrontiert sieht.

Die Regisseurin schafft es auf eindrucksvolle Weise und in schleichender Manier jene Kritik an das Publikum zu formulieren und den Abgrund zu visualisieren, den einen psychisch kranken Menschen von einer scheinbar integrierten Person trennt und präsentiert den Zuschauer*innen das Geschwür der Verurteilungen, welches sich durch Connys gespaltene Psyche, durch Lolas vernarbten Verstand und den Vorurteilen, denen sie  im Laufe ihrer Charakterwandlung entgegensteht, manifestiert.

Mittels weichen Schnitten, der rar gestreuten Sequenzen von Musik, welche die Szenen untermalt, welcher dem Film einen natürlichen Touch verleiht, und einer klaren Strukturierung der Handlung wird ein deutlicher roter Faden durch die Handlung des Films gezogen, der die Zuschauer*innen für eine Thematik sensibilisieren soll, die durch die Vorgehensweise der Protagonistin übermittelt wird. Denn je länger Lola versucht, die Augen vor der Wahrheit zu verschließen und vor dem Schatten ihrer Selbst wegzulaufen, desto schneller und unmittelbarer wird sie durch ihre inneren Ängste nicht nur eingeholt sondern sogar zunehmend überholt.

Jener Film erzählt die essentielle Geschichte von Akzeptanz seinen Mitmenschen gegenüber, die Wichtigkeit von Weitsichtigkeit und einem grundlegenden Verständnis, das sowohl zu vereinen als auch zu trennen vermag.

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