Review by Laura Mitterer
Love is the Devil: Study for a Portrait of Francis Bacon, by John Maybury, United Kingdom/France/Japan/USA 1998
Das Mezipatra Queer Film Festival in Tschechien feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Fünf ausgewählte Filme, die nicht wie die anderen erst in den letzten zwei Jahren fertiggestellt wurden, nehmen in dieser Jubiläumsausgabe einen besonderen Platz ein und ermöglichen einen Blick in die Vergangenheit des queeren Films.
„Love is the Devil“, ein Film aus dem Jahr 1998,[1] gibt einen Einblick in das aufgewühlte Leben des britischen Malers Francis Bacon – insbesondere in seine Beziehung zu George Dyer (beeindruckend verkörpert von Daniel Craig).
Eindrucksvolle Bildkompositionen, satte Farben, der Kontrast von Licht und Schatten, nehmen in der filmischen Inszenierung dieser Künstler(teil)biografie durch den britischen Filmemacher John Maybury einen hohen Stellenwert ein. Die Kamera schafft es, die bedrückende Enge, welche die meisten Werke Bacons dominiert, in die Welt der bewegten Bilder zu übersetzen.
In Kombination mit psychedelisch anmutender Musik und abstrakten Effekten, Spiegelungen, Überlagerungen und Verzerrungen, fühlt man sich geradezu in den geistigen Zustand des Malers hineinversetzt. Francis Bacons Kunst durchziehen Motive wie Schmerz, Verletzung und Dunkelheit. Gekrümmte Körper, Blut, Fleisch, Grimassen, Verzerrungen von Raum und Gesichtern, abstrakte, tierisch wirkende Gestalten – all diese Abbildungen finden sich in „Love is the Devil“ geschickt und in Harmonie mit der filmischen Welt eingebaut, wieder.
Maybury findet auf diese Weise Zugang zum verwinkelten Inneren des Künstlers, gegen den man von Beginn des Filmes an eine große Abneigung verspürt, aber legt beinahe noch mehr Fokus auf den ständigen Kampf dessen Partners George mit dem Leben.
Seine unbegrenzte Treue und Hingabe kollidieren mit der tiefen Abscheu, Ablehnung und Demütigung durch Bacon. Was nicht nur mit dessen groben Pinselstrichen auf die Leinwand geklatscht wird, sondern die tatsächlichen Leben der beiden Männer zu regelrechten Albtraumszenen macht, bringt uns „Love ist he Devil“ in erschreckender Intensität nahe. Die grotesk dargestellten Empfindungen der Charaktere gehen nahtlos ins Publikum über und verursachen Gänsehaut, Herzklopfen und regelrechte Schwindelanfälle. Immersives Kino auf höchstem Niveau.
Jedes Element des Filmes scheint seinen Zweck zu erfüllen. Er wirkt wie eine Collage, wie eine Zusammenstückelung einzelner Eindrücke, wie sie Bacon selbst in Form von unzähligen Fotografien als Inspiration und Anhaltspunkt für seine Werke benutzte. „Love is the Devil“ ist keine Ode an den Künstler, kein leichtes und optimistisches Portrait einer faszinierenden Persönlichkeit, sondern eine Studie über die Abgründe der menschlichen Fantasie, Realitätsferne, Destruktion, Wahrnehmung und Beziehungen.
Im leicht verstaubten Ambiente des über und über mit hölzernen, strukturierten Platten ausgelegten Scala Kinos in Brno, erreicht der Film seine volle Wirkungskraft. Auch wenn, oder vielleicht gerade, weil man den Saal mit flauem Gefühl im Magen, leicht verstört und schockiert, verlässt, zählt Mayburys malerisch umgesetztes Werk eindeutig zu den seltenen Filmen, die im Kopf nachhallen und sich wie ein Bildnis auf der Netzhaut einprägen.
[1] http://www.mezipatra.cz/en/program/schedule/8-2019/film/1139-love-is-the-devil.html