Review by Juri Schneidemesser
Vom 15.11.-22.11.2019 fand in Brno das Mezipatra Queer Film Festival statt. In den inzwischen 20 Jahren hatte das Festival immer den Anspruch eine interessante Filmauswahl von Kurz- und Langfilmen zu programmieren, welche sich sowohl im fiktionalen, wie auch im dokumentarischen Bereich ansiedeln lassen und die Probleme der LGBTQ+-Community thematisieren. Dieser Aufgabe ist das Festival auch dieses Jahr mit einem sehr vielfältigen und internationalen Programm gerecht geworden. Neben dem Filmprogramm ist das Festival außerdem immer bemüht, ein Rahmenprogramm aus Gesprächen mit Filmemacher*innen, Diskussionen und Partys zu organisieren.
Queer Cinema hat in den letzten Jahren einen Aufschwung erhalten. Wenn man an Filme wie Brokeback Mountain, Carol, oder Call Me by Your Name denkt, sieht man, dass queere Thematiken nicht nur bei einem breiten Publikum angekommen sind, sondern auch bei großen Filmfestivals und Preisverleihungen Zuspruch bekommen.
Wenn Queer Cinema also in der Popkultur angekommen ist und auch vermehrt auf großen Film Festivals läuft, kommt zwangsläufig die Frage auf, ob Festivals, die sich ausschließlich mit Queer Cinema auseinandersetzen noch eine Notwendigkeit besitzen. Diese Frage ist ganz klar mit JA zu beantworten! Vielleicht sind sie sogar wichtiger denn je.
Es ist ein Gewinn, dass queere Filme auf großen Festivals ihren Platz bekommen, allerdings werden sie selten wirklich als queer herausgehoben. Zum Beispiel zeigte die diesjährige Viennale als ihren Eröffnungsfilm Portrait de la jeune fille en feu (Porträt einer jungen Frau in Flammen), welcher eine queere Thematik hat. Allerdings kommt dieser Aspekt kaum in der Filmbeschreibung heraus, was für die Unterstützung der Community und zur Aufklärung der breiten Gesellschaft durchaus wichtig wäre. Diese Aufgabe übernehmen Festivals wie das Mezipatra und gehen noch weiter, indem sie durch ihre Filmauswahl auch verhandeln, was alles queer sein kann. Bei Filmen wie Psychosia wird nicht auf den ersten Blick klar, warum der Film als queer gewertet werden kann, durch den Kontext des Festivals kann aber eine Debatte darüber entstehen, was queer ist oder sein kann und damit das Verständnis der Zuschauenden erweitert werden. Gerade dieser Punkt erscheint als besonders wichtig, da das Mezipatra nach Aussage des Festivals zu einem großen Teil von Menschen besucht wird, welche sich nicht als queer bezeichnen würden. Das Festival trägt also stark dazu bei, queere Thematiken nach außen zu tragen.
Die Vermittlung dieser Thematiken ist aber natürlich nicht der einzige Aspekt, warum Queer-Film Festivals so wichtig sind, sie dienen auch zur Vernetzung und Stärkung der queeren Community. Dies geschieht zum einen, durch die gezeigten Filme aber vielleicht sogar noch mehr durch das bereits angesprochene Rahmenprogramm. Dadurch kommt die lokale Szene mit internationalen Gästen in Kontakt, kann über die gezeigten Thematiken diskutieren und es wird ein Raum und eine Berechtigung erzeugt, welches im Alltag noch viel zu wenig vorhanden ist. Gerade durch diesen Punkt unterscheiden sich queere von großen Filmfestivals, im Falle vom Mezipatra in Brno steckt hier aber auch ein Kritikpunkt, da das Rahmenprogramm durchaus umfangreicher ausfallen könnte. Es wird sich bei den Veranstaltungen mehr auf die Ausgabe in Prag konzentriert, welche eine Woche vor Brno stattfindet. Dadurch scheint Brno etwas zu kurz zu kommen, was durchaus zu merken ist. Auch, dass die Ankündigungen vor dem Film ausschließlich auf Tschechisch stattfanden, war etwas schade. Durch eine englische Moderation würde das Festival an internationalem Charakter gewinnen.
Insgesamt ist das Mezipatra aber ein sehr schönes Festival, durch das die Wichtigkeit von Queer Film Festival sehr deutlich wird. Umso trauriger ist es, dass es in Österreichs sonst sehr vielfältiger Filmfestival-Landschaft momentan kein queeres Festival in dieser Art gibt.