Zwischen Heldentat und Hass

Review by Ayla Mandoj

Changing the Game, by Michael Barnett, United States 2019

Die drei Gymnasiast_innen Sarah, Andraya und Mack wollen sich ausschließlich auf den Sport konzentrieren und ihre Schulen vertreten, um ein Universitätsstipendium zu erhalten. Ihre Stundenpläne werden von Unterricht und Training bestimmt, Freizeit gibt es für sie kaum. Sie befinden sich alle in unterschiedlichen Stadien ihrer sportlichen Saison, ihres persönlichen Lebens und ihrer einzigartigen Wege als Transgender-Teenager. Ihre Situation wird jedoch durch die Tatsache erschwert, dass sie transgender sind und gemäß den Sportregeln in einer Kategorie antreten müssen, die sie nicht freiwillig für sich selbst auswählen können. Kritische Reaktionen kommen früh und werfen Fragen auf wie: Soll eine Transgender-Frau in der Damenkategorie antreten dürfen? Kann eine Hormontherapie als Doping angesehen werden? Der Dokumentarfilm vom Regisseur Michael Barnett beschäftigt sich mit der Problematik junger Trans-Athlet_innen, die ohne Scham und schlechtem Gewissen das Gefühl des Sieges erleben und gleiche Zukunftschancen haben wollen.[1]

Ihre Geschichten erstrecken sich quer über die USA – von Sarah, einer Skifahrerin und politischen Aktivistin in New Hampshire, bis zu Andraya, einer Läuferin in Connecticut, die zwar vom Gesetz in ihrer Schule unterstützt wird, jedoch in ihrem Umfeld um Akzeptanz kämpfen muss. Mack Beggs machte 2017 Schlagzeilen, als er der Texas State Champion im Wrestling wurde und von einigen als Held gepriesen wurde, während er von anderen Hass und Drohungen erhielt.[2]

Die Ortswechsel werden mit großen Schrifteinblendungen visualisiert und lauter Musik untermalt. Die Bearbeitung ist scharf, der Wechsel zwischen den jungen Sportler_innen kurzbündig, sodass der Film fast schon mehr einen spielfilmischen als dokumentarischen Charakter bekommt. Es wird früh klar, dass die persönlichen Geschichten höchst politisch sind. Wir bekommen Einblicke in amerikanische Lokal- und Nationalpolitik. Abgesehen von Sarah’s Reden und kleineren Kundgebungen wird im Film kein Protestaktionismus oder Solidarisierungsbewegungen festgehalten. Neben den Sportler_innen ist der Fokus hauptsächlich bei Eltern und Angehörigen, die klar machen, dass sie bei ihren eigenen Kindern LGBTQI+-Rechte akzeptieren, jedoch trotzdem stark auf ihre konservativen Werte beharren. Gerade das Sport-Thema lässt im Film den US-amerikanischen Patriotismus und Konservatismus viel Raum, worüber man fast schon hinwegsehen muss, um sich auf die Geschichten der queeren Jugendlichen einzulassen.

Changing the Game endet hoffnungsvoll, denn Mack ist endlich in der Lage, in einem männlichen Wrestling-Team mitzumachen. Der Film bringt jedoch auf den Punkt, dass Trans-Athlet_innen um einiges härter arbeiten müssen als ihre Cisgender-Kolleg_innen, um auf ihrem Feld bestehen zu können. Sie haben Sport als einen Weg gefunden, die Negativität um sie herum in Positives zu kanalisieren, um Selbstwertgefühl und Bestätigung zu erlangen. Der Kampf um Akzeptanz und gendergerechte Fairness am Sportfeld ist mit einer Suizidrate von 40% bei Trans-Teenagern auch ein Kampf um Leben und Tod. Dieser Film ist ein dringender Aufruf zur Akzeptanz.[3]

[1] Vgl. 20th Mezipatra Queer Film Festival, „Documentary. Changing the Game“, Mezipatra, http://www.mezipatra.cz/en/program/schedule/8-2019/film/1120-changing-the-game.html , 28.11.2019

[2] Vgl. Tribeca Film Festival, „Film Guide. Changing the Game“, Tribeca Film, https://www.tribecafilm.com/filmguide/changing-the-game-2019 , 28.11.2019

[3] Vgl. ebd.

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