Im (Sport)Kampf für die Gleichberechtigung, gegen Vorurteile und Diskriminierung

Review by Friederike Zinner

Changing the Game, by Michael Barnett, United States 2019

Der diesjährig produzierte Dokumentarfilm CHANGING THE GAME von MICHAEL BARNETT macht uns mit drei jugendlichen Transgenderleistungssportler*innen aus verschiedenen Regionen der Vereinigten Staaten bekannt und zeigt deren tägliche Schwierigkeiten in einem, nach binären Kategorien organisierten System auf. Im Sport ist die Trennung zwischen männlich und weiblich und die Zuordnung zu einer dieser Kategorien Voraussetzung für die Teilnahme. In diesem Kontext fällt es nochmal besonders erschreckend auf, dass der Lebensstil, Interessen und Zukunftspläne maßgeblich durch obsolete Kategorisierungen und der Zuordnung in der Gesellschaft bestimmt werden.
Je nach Region unterscheiden sich die Gesetze, ob die Teilnehmenden anhand ihres, bei der Geburt festgestellten Geschlechts oder nach dem Gender, mit welchem sie sich identifizieren, differenziert und eingeteilt werden.

Bei der ersten im Film vorgestellten Person handelt es sich um Sarah. Sie ist Skifahrerin in New Hampshire und darf hier unter dem, von ihr angegebenen, Gender antreten. Ebenso verhält es sich mit Andraya, eine Läuferin in Connecticut. Mack ist Wrestler in Texas. Hier muss er aufgrund der Gesetzeslage unter seinem in der Geburtsurkunde registrierten Geschlecht kämpfen. Mack sowie Andraya wird Ungerechtigkeit vorgeworfen, denn Mack nimmt Testosteron zu sich, was in manchen Sportarten als Doping-Mitteln untersagt wird. Und von Andraya wird behauptet, sie würde biologische Vorteile haben, da sie ja, von Natur aus, muskulösere Beine besitze. Dabei wird „Fairness“ als Vorwand und Rechtfertigung genutzt, um die Menschen (im Sport) in zwei Geschlechter zu teilen, unter Ausschluss und Diskrimination anderer. Die binäre Trennung wird hier aufrecht gehalten und fortgeschrieben. Hier erkennt man die eigentliche Absurdität und Unbegründbarkeit solcher Trennung. Wenn über Fairness geredet werden soll, dann darf man eben vielleicht nicht mehr zwischen Mann und Frau und der angeblich mit dem Geschlecht zusammenhängenden Stärke oder Schwäche differenzieren, sondern stattdessen nach dem Testosteronhaushalt oder was auch immer.

Der Film nimmt eine klare Stellung zum Thema und bringt in gewöhnlicher, unprätentiöser Montage viele wichtige Argumente auf. Die entgegengesetzten Positionen werden umgekehrt von der wütenden, transphoben Masse, meistens bestehend aus gegnerischen Eltern und Coaches, eingenommen, welche mit Unsinnigkeiten um sich werfen. Beispielsweise meint eine Frau aus dem Zuschauerraum, man sollte nur an Frauenwettbewerbsläufen teilnehmen dürfen, wenn man einen Lauf während der Blutung bewältigen kann, da die Menstruation das einzig sichere Merkmal zur Definition der Frau sei. Doch mit blöden Kommentaren wissen die Jugendlichen schon umzugehen. Zudem werden sie von ihren Eltern und Coaches in dem was sie tun verstanden und unterstützt. Auch deren Perspektiven widmet sich der Film.

Ich bin Michael Barnett überaus dankbar dafür, dass er keine Leidensgeschichte über Transpersonen erzählt, sondern in direkten Kontakt mit betroffenen Menschen tritt und diese vielzeitlich zu Wort kommen lässt. Natürlich ist Ausgrenzung mit Verletzung und Leiden verknüpft, was nicht unerwähnt bleibt. Aber glücklicherweise werden die Jugendlichen nicht als still leidende, machtlose Opfer des Systems dargestellt. Sondern sie scheinen selbstbewusst und entschlossen und zeigen sich fähig und mutig, Veränderungen zu vollbringen und in ihr Schicksal einzugreifen. Sie werden erfolgreich im Sport, wie in politischen Aktivitäten, in ihrem Kampf gegen Vorurteile, Ungerechtigkeiten und Hindernisse gezeigt. Die Dokumentation berichtet informativ, ernsthaft und glaubwürdig und inspiriert durch eine hoffnungsvolle Aussicht auf Akzeptanz, Erfolg und Gleichberechtigung in der Zukunft. Eine gesunde Portion an Erschütterung und Ärger über herrschende, mächtige Strukturen und sich selbst als Teil dieses einzwängenden Systems, hinterlässt der Film im Gemüt der Zusehenden. Das Kino verlassend empfindet man Motivation und Antrieb für Veränderung. Es wird Auswirkungen und Verbesserungen geben.
Am Ende bekommt man schon einen Vorgeschmack für die Zukunft: Mack darf nun wirklich, wie er sich’s sehnlich wünschte, gegen männliche Konkurrenten ringen und Sarahs politischer Einsatz zeigt ebenso Wirkung und Reichweite.

Definitiv sollte der Film im Fernsehen und auf vielen weiteren Festivals und Kinos laufen. Es ist eine interessante, spannende und wichtige Dokumentation für jedes Publikum und sollte auch außerhalb von Queer Film Festivals Aufmerksamkeit und Verbreitung erlangen.

Ich gebe 5 respektvolle Sterne.

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