Als Er tanzte

Review by Katja Wieser

And Then We Danced, by Levan Akin,
Georgia/Sweden/France 2019

In Levan Akins neusten Filmdrama „And Then We Danced“ wird die Thematik eines homosexuellen Tänzers aufgegriffen und wie diese in einer Welt voller Tradition und Glaube dargestellt wird. Der georgische Tanzfilm feierte seine Premiere bei den Festspielen von Cannes am 16. Mai 2019 und hat seitdem gepunktet.

Merab tanzt seit seiner Kindheit und trainierte mit seiner Tanzpartnerin Mary (Ana Javakhishvili) im Georgischen National Ensemble. Auch seine Eltern waren Tänzer und sowie sein Bruder trainiert er um einen Platz im Nationalensemble zu ergattern. Als eines Tages der Neuzugang Irakli (Bachi Valishvili) Merabs Position im Ensemble streitig macht, wird die Welt des jungen Georgiers komplett auf den Kopf gestellt. Irakli wird nämlich nicht nur zu seinem größten Rivalen, sondern erweckt auch sein geheimes sexuelles Verlangen in ihm.

Die Thematik eines schwulen Tänzers, der sich verliebt, warf jedoch in Georgien ein großes Problem auf. Der Film wurde schon im Allgemeinen nur fünfmal gezeigt, welche bereits im Vorfeld komplett ausgebucht waren, und diese Vorführungen wurden durch Proteste gestört. „Schande“ wurde in Tiflis vor dem georgischen Staatsballett bei der Premiere gerufen und Feuerwerkskörper eingesetzt. Die Orthodoxe Kirche bezeichnet dieses Liebesdrama als inakzeptabel. [1] Georgische nationalistische Gruppen bezeichneten den Film als „a striking example of gay propaganda that has no artistic value. This is propaganda of sodomy and foulness.“ [2] Diese Aussagen und Taten lässt den Regisseur natürlich nicht kalt, da er in den Film sein Herzblut gesteckt hat und äußert sich ebenfalls. „Der Film ist auch eine Art Liebesbrief an Georgien und die georgische Kultur. Und daran, auf die eigene Kultur stolz zu sein, auch wenn dir manche Leute diktieren wollen, dass du kein Teil davon sein darfst, weil du nicht der Norm entsprichst.“ [3]

Das georgische Tanzensemble hält sich an Regeln und Kultur und stellt in dieser Weise auch die Vorschriften der Kirche und des Landes dar. So wird auch immer wieder vermittelt, dass der georgische Nationaltanz männlich sei und dies auch verkörpert werden muss. Merab ist ein außerordentlich guter Tänzer, der viel daran arbeitet, gut zu sein, aber er verkörpert eine andere Art des Tanzes. So wird er auch vom Tanzlehrer Aliko (Kakha Gogidze) immer wieder darauf hingewiesen, dass er nicht männlich genug sei: „His eyes are too playful, his posture too soft. There is no sex in Georgian dance!“  Nichtsdestotrotz sind die Tanzszenen außergewöhnlich gut. Die Musik und der Tanz sind besondere und wichtige Elemente des Films. Besonders sind die Einbettungen von den georgischen Liedern, die einen Sinn von Nationalität und Ehre im Tanz widerspiegeln. Neben den starken nationalistischen Tänzen am Ensemble Theater, gibt es auch andere musikalische Höhepunkte. Die privaten Tanzszenen, welche sich bei Marys Haus im Wintergarten abspielen, stehen für die Sensibilität und Leidenschaft, die Merab verkörpert. In diesen Szenen kann er sich so preisgeben, wie er wirklich ist und tanzt so, was er wirklich fühlt.

In dieser Hinsicht kann die Geschichte stets Mut machen und einzelne Persönlichkeiten stärker machen, um an sich zu glauben. So kann auch Merab eine Vorbild Funktion einnehmen. Und zwar das Leben so zu leben wie es einen selber stark macht.  Die Geschichte hat eine starke Aussage zu vertreten und lässt auf jeden Fall zum Denken anregen und Mitfühlen der Charaktere. Da diese Geschichte alltägliches Leben widerspiegelt, kann dies bestimmt einige junge Menschen, die in denselben Situationen stecken, zum Träumen anregen.

Der Plot hinter der Kultur und dem Land, der hier nähergebracht wurde, ist sehr prägnant. Die Kameraeinstellungen haben sich hier etwas zweitrangig platziert, da die Story einfach Highlight und Vorrangig war. Genauso tiefgründig und gefühlvoll waren die Tanzszenen, die immer wieder neuen Schwung in die Geschichte gebracht haben. Sozusagen ist „And Then We Danced“ ein perfekter Film zwischen Emotionalität, Humor und auch Drama, der zu hundert Prozent angeschaut werden muss.

[1] „Proteste gegen Film über schwule Tänzer“, in: Spiegel Online, https://www.spiegel.de/kultur/kino/and-then-we-danced-proteste-in-georgien-gegen-film-ueber-schwule-taenzer-a-1295769.html 10.11.2019, zugegriffen am 29.11.2019.

[2] Dalton, Ben, “‘And Then We Danced‘ director responds to threat of protest in Georgia”, in: Screendaily, https://www.screendaily.com/news/and-then-we-danced-director-responds-to-threat-of-protests-in-georgia/5144533.article 08.11.2019, zugegriffen am 29.11.2019.

[3] Ebd.

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