Ein Feministisches Familienporträt zur Zeiten der Ein-Kind-Politik

Review by Anna Handle

A Dog Barking at the Moon (Zai jian nan ping wan zhong),
by Lisa Zi Xiang, Stateless 2019

Der Film „A Dog Barking at the Moon“ ist ein Familienporträt mit autobiografischen Elementen der Regisseurin Xiang Zi. Mit wunderschönen Kameraeinstellungen und einer einfachen (Bild-)Sprache, wird genau das wesentliche aufgezeigt. Durch die nicht lineare Erzählung wird den ZuseherInnen immer klarer wie die Dinge sich zu dieser Gegenwart entwickelt haben.

Die Protagonistin, Xiaoyu, kehrt, gemeinsam mit ihrem europäischen Ehemann, aus den USA zu ihrer Familie nach China zurück. Die Gespräche sind anfangs sehr oberflächlich oder kaum vorhanden. So entstehen starke Spannungen zwischen den Charakteren. Sie scheinen zu kommunizieren, reden aber aus völlig unterschiedlichen Kontexten und einander fremden Welten miteinander. Genau dies suggeriert auch der Titel des Films „A Dog barking at the Moon“, welcher von Joan Miros gleichnamigen Gemälde inspiriert ist. In seinem Gemälde ist links eine leere Leiter, die Richtung Himmel ragt, rechts auf der Erde ein Hund und oben rechts im Himmel der Mond zu sehen. Der Hund bellt den Mond an, der Mond scheint unbeeindruckt, die Leiter zeigt den möglichen, aber auch ungenützten Weg der Kommunikation. [1] Xiaoyu versucht vergeblich mit ihrer zornigen Mutter, Juimei, zu kommunizieren. Sie kommt dem Hund des Gemäldes gleich und Juimei selbst vergleicht sie sogar am Anfang des Films mit Patton, dem Hund der Familie. 

Die ZuseherInnen erfahren allmählich den Grund für den Zorn und die Enttäuschung Juimei’s: Ihr Ehemann hat eine Affäre mit einem Mann. Für sie ist Homosexualität eine Krankheit und mitunter deshalb tritt sie einer Sekte bei. Die Tochter versucht beide, aber hauptsächlich Juimei, zu einer Scheidung zu bewegen. Doch vor allem bei ihr stößt Xiaoyu auf kompletten Widerwillen. Die Diskussion, zwischen den beiden scheint unendlich zu sein. Die männlichen Protagonisten, spielen dabei zwar narrativ eine Rolle, filmästhetisch bekommen sie allerdings wenig Platz.

Im Laufe der Erzählung werden uns mit Hilfe von Rückblenden nach und nach die Geschichten der beiden Frauen erschlossen und man beginnt zu verstehen, aus welchen Ereignissen sich ihr gegenseitiges Unverständnis entwickelt hat. 

Juimei bezeichnet Xiaoyu als ihre „Nemesis“, und zwar so oft, dass sich dieser Satz in die Köpfe der ZuseherInnen brennt. Das liegt daran, dass Juimei vor ihrer Tochter, eine Fehlgeburt eines Jungen hatte, der den Familien Namen weitergegeben hätte. Hat man eine Tochter, wird das von der Gesellschaft aber speziell von Eltern und Großeltern als etwas Minderwertiges gesehen und oft werden die Eltern der Tochter dafür geächtet. So macht Juimei, Xiaoyu für ihr gesamtes „Unglück“ verantwortlich.  

Der Film bearbeitet ein gesamtpolitisches Problem, auf der Ebene einer der kleinsten politischen Institutionen: der Familie. Bis 2015 herrschte in China, die Ein-Kind-Politik, welche eine hohe Abtreibungs- bzw. Tötungsrate von weiblichen Föten bzw. Babys zur Folge hatte. Frauen in China werden von Geburt an diskriminiert, die Geburtendifferenz zwischen Männer und Frauen bleibt die größte weltweit. Auf 100 Frauen kommen 121 Männer, das sind insgesamt 34 Millionen mehr Männer als Frauen. Außerdem liegt China im Global Gender Gap Reportvon 2017 auf Platz 100, das liegt unter dem weltweiten Durchschnitt. [2]

Xiang Zi greift ein feministisches Thema auf und bearbeitet es so, wie man es sich wünscht. Man spürt, wie durchdacht der Film in seiner Narration und Ästhetik ist und es ist wirklich bemerkenswert, dass er innerhalb von 18 Tagen gedreht und mit der Unterstützung von Freunden und Familie finanziert wurde. [3]


[1] Interview with Xiang Zi on ‚A Dog Barking At The Moon’, Zi. 

[2] Vgl. Lu, „ Aufstand der weiblichen Einzelkinder“ 

[3] Interview with Xiang Zi on ‚A Dog Barking At The Moon, Zi.

Quellen: 

Interview with Xiang Zi on ‚A Dog Barking At The Moon’, R.: Xiang Zi, 11.02.2019, https://www.youtube.com/watch?v=TxuhakxXhMM, Zugriffsdatum: 24.11.2019.

Lu, Franka, „Aufstand der weiblichen Einzelkinder“, Zeit Online, https://www.zeit.de/kultur/2019-01/feminismus-china-metoo-frauenrechte-bewegung-ein-kind-politik/komplettansicht, Zugriffsdatum: 25.11.2019. 


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