Von Katharina Steinbüchler
Wolfgang Tillmans Frank in the Shower entstand 2015 im Rahmen eines Fotoshootings mit dem Musiker Frank Ocean. Das Bild zeigt den Musiker in der Dusche und offenbart gleichzeitig Tillmas großes Talent für intime Porträts. Frank Ocean ist nackt, Wasser fließt über seinen Körper. Im Mittelpunkt des Bildes ist seine linke Hand zu sehen, mit welcher er sein Gesicht verdeckt. Diese Geste verleiht der Fotografie ein Gefühl von Intimität und Vertrautheit, aber auch von Scham. Der Verband rund um Oceans Zeigefinger ist aufgrund seiner Positionierung in der Bildmitte sofort ersichtlich und hebt sich hell ab.
Von dem Gesicht des Musikers ist hinter der vorgehaltenen Hand bloß zu erkennen, dass die Augen zusammengekniffen sind, die Stirn liegt leicht in Falten. Der Verband, die Nacktheit, das verborgene Gesicht und die zusammengekniffenen Augen strahlen in ihrer Gesamtkomposition Verletzlichkeit aus. Die von der Hand herabfallenden Wassertropfen, die das Licht reflektieren, wirken beinahe wie Tränen. In hartem Kontrast zu dieser Verletzlichkeit strahlt wortwörtlich die Sonne auf den Porträtierten. Die Sonnenstrahlen verzaubern die Bildstimmung und verleihen der Aufnahme dadurch eine ganz eigentümliche Stimmung. Im Hintergrund, bereits in der Unschärfe, befinden sich graue Fliesen, von denen sich Ocean nicht nur durch den klaren Fokus abhebt, sondern auch dadurch, dass ihn das warme, sanfte Sonnenlicht umspielt. Das grün gefärbte Haar, das Ohrenpiercing und der Finger am kleinen Ring verleihen der Komposition zusätzlich einen luxuriösen Touch. So wird das Porträt zu einer vielschichtigen Charakterstudie, die einen breiten Interpretations- und Gefühlsspielraum eröffnet. Ohne allzu Konkretes zu offenbaren, schafft Wolfgang Tillmans solcherart ein facettenreiches und visuell starkes Porträt Oceans, das dieser wenig später auch als Cover für sein Album Blonde wählte.
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