Bildbeschreibung: „Untitled“ von Nadim Vardag

Von Antonia Luka Gottwald

Obwohl uns Nadim Vardag (*1980) mit der Fotografie Untitled (2007) etwas zeigt, was wohl ein großer Teil der Menschheit schon einmal ganz ähnlich gesehen hat, bleibt das Bild auf den ersten Blick abstrakt und unzugänglich. Auf schwarzem Hintergrund ist in abgestuften Grau- und Weißschattierungen eine in der Bewegung festgefrorene Struktur erkennbar, die durch Faltenwurf und Einkerbungen an die Lamellen eines Pilzes erinnert; an etwas Organisches, das scheinbar zufällig ins Zentrum des Bildes geraten ist. Am unteren Bildrand ist ein Gitter erkennbar, das sich im dunklen Hintergrund verliert.

Nadim Vardag, Untitled, 2007.

Was hier einiges an Rätseln aufgibt, ist eines der wohl ikonischsten Bilder der Filmgeschichte: Ein weißes Plisseekleid, das von aufsteigender Luft hochgehoben wird und die Beine einer Schauspielerin gemäß den damals geltenden Richtlinien für erfolgreiches Hollywood-Marketing wirkungsvoll freilegt. Der Film: The Seven Year Itch (Regie: Billy Wilder, USA 1955), die Schauspielerin: Marylin Monroe. Im Stile der Appropriations-Kunst retuschiert Vardag die Schauspielerin aus dem Bild und lässt allein ein Stück Stoff übrig, das scheinbar nichts mehr mit dem weltbekannten Filmplakat, dem Filmstar und der weltbekannten Pose zu tun hat. Viel mehr erzeugt das Textil eine skurrile Stimmung, die nur einmal mehr unterstreicht, wie auch die bekanntesten, uns unsterblich erscheinenden Bilder wieder vom Winde verweht werden können. Gleichzeitig beweist Vandags gezielter Eingriff, wie nahe gänzlich unterschiedliche Genres einander auf visueller Ebene kommen können, erinnert Marylins popkulturell aufgeladenes Kleid hier doch weit mehr an eine der berühmten Naturstudien Edward Westens als an ein Production Still aus Hollywood.

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