The End of Straigt-lined Time Unterstanding. But Not the End of Culturally Standardized Casts

Review by Kristína Kočevová

End of the Century (Fin de Siglo), by Lucio Castro, Argentina 2019

Auf dem Mezipatra Queer Film Festival, in der tschechischen Großstadt Brno, wurde am 21.11.19 der Film mit dem Titel „End of the Century“ präsentiert. Am Anfang wird eine halbtotale Aufnahme einer Straße, auf welcher sich zwei Männer unterhalten, gezeigt. Die Kamera verlagert dabei des Öfteren ihren Focus. Erst nach einigen Sekunden erscheint dann einer der beiden Hauptcharaktere. Diese anfängliche Verschiebung des Focus kann mit den narrativen Elementen, des Films, in Verbindung gebracht werden. Denn je länger der Film mitverfolgt wird, desto weniger ergibt der Plot, welcher in drei Zeitsträngen spielt, Sinn. In jedem Strang geht es um die Begegnung zwischen den zwei männlichen Hauptcharakteren (Ocho und Javi), welche jeweils über den, sehr detailliert dargestellten, sexuellen Akt repräsentiert werden. Die beiden Charaktere, welche im ersten Zeitstrang anfangs noch als Fremde dargestellt werden  und sich schrittweise an ihre erste, wirkliche Begegnung erinnern, sind im als dritten (und somit letzten) vorgestellten Zeitstrang Väter einer gemeinsamen Tochter. Zur anfänglichen Konfusion, auf der narrativen Ebene, kommt der Fakt der Vergesslichkeit von Ocho hinzu. Er kann sich nämlich an die angebliche Begegnung mit Javi, obwohl diese als sehr intensiv dargestellt wird, nicht erinnern. Demnach könnte eine Hypothese, der verschobenen Zeitlichkeit, durch die unterschiedliche Charakter- und Figuren-Wahrnehmung erweitert werden. Insofern könnten Javi und Ocho in der Vergangenheit für jemand, anderen gestanden haben und somit nur eine Art Repräsentation für eine andere Begegnung gewesen sein. Daraus entsteht eine Zufälligkeit der Charaktere und Orte, welche nach Geyer in der Vordringlichkeit des Befristeten den Drang einer immer auch anders möglichen Welt entspricht. [1] Somit wird nicht das Ziel, sondern die unterschiedlichen Wege dorthin, zu einem der bestimmenden Punkte des Filmes. Diese Zufälligkeit, auf der narrativen zeitlichen Ebene, kann durch die Queerness Theorie von Muñoz, welche über das Jetzt, im Zusammenhang mit der Möglichkeit einer anderen Welt, spricht ,[2] mit der inhaltlichen Ebene verbunden werden. Demnach kann „End of the Century“ als das Ende des heteronormativen Beziehungsgefüges und somit dessen Zeitrealität interpretiert werden.

Die Konfusion auf der Ebene der Narration kann als Gegensatz für die stark reduzierte Bildästhetik gesehen werden. Der Regisseur, Lucio Castro, verleiht dem Film lang andauernde Einstellungen mit einer klaren Linienführung, welche durch die meist stabile Position der Kamera unterstrichen werden. In dieser Hinsicht kann der Film als langwierig betrachtet werden, für mich ist es jedoch ein Aspekt an dem ich mich, im Gegensatz zu der verwirrenden Zeitlichkeit, festhalten und kurz entspannen kann. Einerseits der Aspekt der verschobenen Zeitlichkeit, auf der narrativen Ebene, und andererseits die lang anhaltenden Einstellungen, auf der visuellen Ebene, können beide als Aspekte wahrgenommen werden, welche der filmischen Norm eher abweichen. Diese Hypothese kann nicht über den Aspekt, der Besetzung der Hauptschauspieler, getroffen werden. Denn es sind zwei weiße homosexuelle Männer welche, auf eine bestimmte Art und Weise, inszeniert werden. Ziemlich am Anfang des Filmes wird Ocho, durch eine Spiegelszene, wobei der Spiegel bekanntlich als Symbol der Eitelkeit und Selbstpräsentation gilt, mitverfolgt. Ein weiteres Element, welches zu dem Begriff der Repräsentation, in diesem Kontext, hinzugefügt werden muss ist die kurze Anspielung auf die Gay Dating Plattform Grindr. Die Verwendung des Smartphones, insbesondere für diverse Dating Apps, ist laut Köppert Kommunikator eines männlichen westlichen Blicks. [3] Insofern werden bestimmte Subjektpositionen, der westlichen männlichen Gesellschaft, wieder aufgegriffen. Ob die bewusste Verwendung dieser Subjektivierung als eine Art Kritik gesehen werden kann oder eine bloße Nachahmung des gesellschaftlichen Konstrukts ist, bleibt offen.

Zusammenfassend war das Schauen des Filmes von „End of the Century“ auf jeden Fall eine Erfahrung, auf die ich mich einlassen musste, um diese bestimmten Aspekte hervorheben und persönlich einordnen zu können. Die von mir hervorgehobenen Aspekte widerspiegeln die Ambivalenz des Filmes. Wobei sie auch in vielen anderen, von mir nicht genannten Aspekten vertretbar ist. Mein Gefühl der Ambivalenz wurde auch durch die verschiedenen gespaltenen Meinungen zu dem Film unterstützt. Das Zeitkonstrukt, welches gegen die lineare heteronormative Zeitvorstellung steht, ist für mich im Gegensatz zu westlich geprägten Normen der Figurenbesetzung zu sehen. Insofern wird die verbleibende Stimmung, welche durch den Film hergestellt worden ist, je nach jenem Aspekt, welcher im Moment hervorgehoben wird, gewertet.

[1] Geyer, Christian, Niklas Luhmann. Die Knappheit der Zeit und die Vordringlichkeit des Befristeten, Berlin 2013, S. 146-148

[2] Muñoz, José Esteban, Cruising Utopia. The Then and There of Queer Futurity, New York 2009, S. 1

[3] Köppert, Kathrin, „Touch of Concern. Queere Mikropolitiken affektiver Reproduktion bei GayRomeo und Grindr“, in: Männlichkeit und Reproduktion Zum gesellschaftlichen Ort historischer und aktueller Männlichkeitsproduktionen, hrsg. v. Andreas Heilmann, Gabriele Jähnert, Falko Schnicke, Charlott Schönwetter, Mascha Vollhardt, Berlin: Springer 2015, S. 339-340

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