To speak light pours out

Regie: Kate McIntosh, brut nordwest, 23. Mai 2022

To speak light pours out © Rolf Arnold
Aufbruch in die Polyrhythmik (Hannah Hiltensperger)

Welche Körper sind Teil der Gesellschaft? Wie werden Körper von der Gesellschaft behandelt? Ja, was wird von einer Gesellschaft überhaupt als Körper und damit als Mensch akzeptiert? Das sind Fragen, die Kate McIntosh mit ihrem Team in der packenden Performance von To Speak Light Pours Out behandelt. Sie sprechen von der Zerstörung des Alten auf der Suche nach einer positiven Zukunft – vom Wandel einer normativen zu einer polyrhythmischen Welt. Zu Beginn waren da nur die freien, weißen, gesunden und heterosexuellen Körper, die als Teil der Gesellschaft wahrgenommen wurden. Die Zukunft soll uns jedoch in eine Welt führen, in der jeder Körper und Mensch gleichberechtigt ist. Unabhängig von Faktoren, wie beispielsweise Geschlecht, Sexualität, Herkunft oder körperlicher Gesundheit, soll jeder Teil zur polyrhythmischen Gesellschaft werden. Viele Rhythmen überlagern sich in einem mehrstimmigen Stück, wie die verschiedenen Stimmen, die in dieser Gemeinschaft gehört werden sollen. Zuhören ist Spannung und in einer positiven Zukunft müssen wir als Menschen den verschiedenen Stimmen Aufmerksamkeit schenken, auch wenn es unsere Gewohnheiten stört und mit Anstrengungen einhergeht. Diskriminierung muss abgeschafft und durch Gleichberechtigung für alle ersetzt werden, damit wir eine diverse Gesellschaft erschaffen können, in der alle sprechen können.
Das Behandeln von sozialen Problemen wie Rassismus und Sexismus sind für das zeitgenössische Theater keine neue Erfindung, jedoch findet Kate McIntosh einen Weg, diese auf mitreißende Art und Weise zu thematisieren. Sie und die drei anderen Performerinnen (Ghyslaine Gau, Arantxa Martinez und Anja Müller) spielen gemeinsam das gleiche Schlagzeug und erzeugen eine Melodie mit verschiedenen Rhythmen, die zu Beginn eine aufrüttelnde Dissonanz erzeugt, an die sich das Publikum erst gewöhnen muss. Dazu gibt es Sprach- und Gesangspassagen, in denen Texte aus feministischen, queeren und afrofuturistischen Diskursen vorgetragen und referenziert werden. Alle mit dem Ziel, ein Bild der positiven und emanzipierten Zukunft zu erzeugen, in der alle Körper freie Menschen sein können. Jetzt ist Zeit, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, oder um es mit den Worten aus der Performance zu sagen: „It is now the moment to step forward for everybody who was not seen as human”.
Das circa 70-minütige Stück wird im brut nordwest als Teil der Wiener Festwochen aufgeführt und verspricht, einen Raum zu schaffen, in dem gemeinsam zugehört und nachgedacht wird. Der Aufführungsraum selbst schafft eine ganz eigene Dynamik, da die Bühne von 4 Tribünen umringt wird. Jede Zuschauergruppe sieht das Stück aus einer anderen Perspektive, was mit dem polyrhythmischen Charakter des Werks Hand in Hand geht. Welche Perspektive sieht die gegenübersitzende Person, welche Meinung wird die Person zu dem gesehenen Stück äußern und wie wird sie sich von der eigenen Aussage unterscheiden? Spannende Fragen, die so divers ausfallen können, wie es auch die Gesellschaft einer positiven Zukunft sein wird – Oder sogar schon ist.


And it’s wet, and it’s rich and it’s powerful (Anna Sophie Weber)

Die alte Welt hat ausgedient. Alte Normen und Ansichten des Patriarchats müssen weg. Dieses Thema zieht sich durch die Inszenierung To speak light pours out von Kate McIntosh. Befindet man sich auf einem Konzert oder wohnt man doch einer Lesung bei?

Erst mal den Platz suchen: Tribüne A, B, C oder doch D? Die quadratische Bühne ist von den verschiedenen Zuschauertribünen umschlossen. Vier Performerinnen betreten die Bühne und man wird gleichzeitig in vier Sprachen begrüßt: Englisch, Spanisch, Französisch, Deutsch. Neun Texte von neun Autor*innen sollen in der Performance verhandelt werden. Kate McIntosh lädt ein, sich im brut nordwest zu entspannen.

Die poetischen Texte liegen auf einem Stapel hinter Kate McIntosh. Sie sucht sich einen der hauptsächlich feministischen Texte heraus und fängt an, ihn vorzulesen. Ghyslaine Gau und Anja Müller steigen ein, verzerren ihre Stimmen zu einem Grollen, während Arantxa Martinez an den Trommeln wartet. Der Widerhall unterstützt die aufgeladene Atmosphäre.

Alle vier Performerinnen versammeln sich um den schlagzeugartigen Aufbau an einem Rand der Bühne und fangen an Musik zu machen. „Listening is tension“ ist eine der Botschaften aus einem Text. Nach diesem Motto wird musikalisch eine Polyrhythmik gespielt, die die Polyrhythmik der Gesellschaft, der Körper, der Menschen unterstützt. Die Instrumente werden neu entdeckt, umfunktioniert oder zugunsten anderer musikalischer Methoden nicht benutzt. Plastikrohre auf dem Boden, Schlagstöcke an Instrumentenfassungen, das Klirren fallengelassener Metallstäbe beschreiben nur einige der neuentdeckten Möglichkeiten, außerhalb der Norm Musik zu machen. Das Funktionieren der Polyrhytmik wird von den Performerinnen mit einem Lächeln quittiert.

Vor 400 Jahren wurde der Körper erfunden und seit 400 Jahren werden Körper ausgeschlossen. Frauen, andere Hautfarben, körperliche Einschränkungen, andere Sexualitäten. Es ist Zeit eine neue Welt zu erschaffen. Eine Welt, die der Polyrhythmik der Atmung gerecht wird. Eine Welt, die dem reißenden Fluss der Veränderung gerecht wird.

Verschiedene Lichteffekte begleiten die Performerinnen während ihrer Darstellung. Über fast gänzlich dunkle, bestimmte Punkte gibt es erleuchtende, schummrige oder helle Momente der Inszenierung. Ebenso die immer wiederkehrende Suche nach dem passenden Text, regt den Gedanken an, dass sie noch nicht verinnerlicht wurden. Aber definitiv da sind. Man muss nur zuhören.

Die Message ist klar: das Patriarchat muss weg. Es muss Platz gemacht werden für eine inklusive Welt. Die Poetik der Texte und die Musik fesseln. Der Enthusiasmus der Performerinnen untermalt den Wunsch nach etwas Neuem. Doch die teilweise langen, planlosen Sequenzen nehmen dem/der Zuschauer*in die Wucht der Botschaft. Ist man in einem Moment komplett in den Text und die Musik involviert, verliert man im nächsten den Bezug, wenn scheinbar planlos Schlagstöcke fallen gelassen werden.


„Rhythmisches Erleben“ (E.R.)

Die Darstellung von Kate McIntosh To Speak Light Pours Out war eine der besten Inszenierungen der Wiener Festwochen. Der Aufbau der Bühne wurde komplett ausgenutzt, es war wie ein Konzert. In der Mitte spielte sich alles ab und die Zuschauer*innen saßen im Quadrat ringsum.

Zu Beginn sprachen alle vier Darstellerinnen in unterschiedlichen Sprachen gleichzeitig ins Mikrofon. Als Zuhörer*in hat man nichts verstanden, es war wie ein Summen – wahrgenommen als Störgeräusch. Unklare Worte! Hochkonzentriert konnte man die Sprachen nach und nach identifizieren. Es wurde Englisch, Französisch, Spanisch und Deutsch gesprochen.

Der Einstieg in den ersten Akt war wie ein Konzert aufgebaut, es wurde mit Schlaginstrumenten performt. Kate McIntosh setzte Emotionen durch den Sound und Gesang frei, und konnte dadurch das Publikum miteinbinden. Durch den Sound und der Freude in den Gesichtern der Darstellerinnen wurde eine Gelassenheit und große Freude an der Vorführung verspürt. Positive Stimmung wurde auch ins Publikum übertragen.

Spannend war die Kraft der Stimmen in der Darstellung wahrzunehmen, eine Art Mundkunst. Wie viel Manipulation und Macht in ihr steckt! Ich war fasziniert. Es wurde immer wieder vom Körper als Kollektiv gesprochen. Ein Apell als Wunsch zur Veränderung, eine Veränderung der Welt. Es ist Zeit, die alte Welt mit ihren Normen loszulassen. Neuem offen entgegenzuwirken.

Auch wenn der Mensch auf den Sound mit rhythmischem Herzschlag reagiert, ist die Atmung jedes Menschen unterschiedlich. Daraus ist abzuleiten, dass der Mensch in seinen Sinnen gleich empfinden kann, dennoch unterschiedlich ist. Könnte das eine Anspielung auf die Politik sein?

90 Minuten Spielzeit sind im brut nordwest wie im Fluge vergangen. Ich fand es großartig, dass die Bühne komplett ausgenutzt wurde. Die Darstellerinnen haben alle Instrumente hin und her geschoben, sind im Kreis gegangen und haben aus unterschiedlicher Nähe und Perspektive zum Publikum gesprochen. Der Augenkontakt mit allen vier Darstellerinnen hat mir mehr dabei geholfen, mich einzubinden. Ich fühlte mich der Gruppe zugehörig und konnte mich dementsprechend in den gesprochenen Worten vertiefen. Es war eine musikalische Therapie.

Jedoch wurde ich im letzten Akt sentimental, da das gesprochene Wort von Kate McIntosh mich an die Katastrophen und politische Kriege der letzten Jahre sowie den bestehenden Krieg erinnerte. Welche Fluchtwege der Mensch ersucht und in Anspruch nimmt, um ein besseres Leben führen zu dürfen. Die Verluste, die der Mensch dadurch erleidet, ist das Verlangen und die Gewalt der Macht anderer.


Listening further as you can see (Anna Wäger)

 To Speak Light Pours Out bringt die Utopie einer neuen Weltordnung auf die Bühne, die die normativen Zwänge der alten Welt zurückzulassen sucht. Vier Performerinnen betreten die zu allen Seiten hin exponierte Bühne und setzen mit einer mehrsprachigen Einleitung und Adressierung des Publikums mittels direkten Blicken ein. Die Gruppe beginnt sich durch die vorhandenen instrumentalen Mittel vorzubewegen und setzt dabei auf Verfremdungseffekte wie die elektronische Verzerrung der Stimmen. Mit Lichtspots versehene Drums erklingen in Vibration, indem sie als einzige Lichtquellen durch den Raum gezogen werden. Drumsticks werden über Körper geschoben, geworfen, gerollt und übersäen zum Schluss den gesamten Boden. Ein rhythmisches Zusammenspiel entsteht, dessen Immersion immer wieder von Kommentaren der Performerinnen, die an eine Probensituation erinnern, aufgelockert wird. Begleitet von der kontinuierlichen Sound-Fläche markieren die gesprochenen Textteile ein Konglomerat an queer-feministischer und afrofuturistischer Literatur, die Fährte zur Befreiung des Körpers aus normativen Einschränkungen – zumindest in der Theorie. Vorgetragen sind die Passagen in zunehmender Intensität als politisches Manifest oder Beschwörung des undefinierten Kollektivs. Zu den am stärksten die politische Ausrichtung der Performance tragenden Textpassagen gehören mehrere Passagen, teils zusammengefasst aus Paul B. Preciados An Apartment on Uranus. Hier wird der Körper in den Fängen des westlichen Dualismus, der Souveränität entlang normativer Grenzen verteilt und verhandelt. Der Subjektstatus eines Körpers ist Produkt des gesellschaftlichen Machtdiskurses, der die Norm des „souvereign, white, heterosexual, healthy, seminal body“ stützt.

Vielstimmigkeit wird hier zur widerständigen Praxis gegen einordnende und normierende Politiken. Aus dem Spannungsfeld der Differenzen des Polyrhythmus ergeben sich kontrastierende Wahrnehmungen der zeitlichen Ebene, die sich einer Normierung widersetzen. Text und Sound formen sich zu einer Überleitung in eine neue Welt des Zusammenschlusses – eine Utopie, in der die antagonistischen Archetypen Wolf und Kind ihre Kräfte vereinen. Gegensätze werden aufgelöst, aber nicht die Differenz. Das Echo der letzten Worte „See who is here and celebrate“ klingt in der Dunkelheit nach.


Ein sinnliches Stimmengewirr (K.K.)

Anscheinend haben es sich die Wiener Festwochen insgeheim zum Ziel gesetzt, auszutesten, in wie viele unangenehme Situationen sie das Publikum innerhalb der fünf Wochen stecken können. Aber ich versteh das. Sie haben ja recht, wir machen es uns im Alltag auch wirklich oft zu leicht und tendieren dazu, die Augen vor Konflikten zu verschließen. Wie wir jedoch in dem Stück „To speak light pours out“ gehört haben, sollen wir auch dazu fähig sein, zu hören, was wir nicht sehen können.

Kate McIntosh spricht in dieser Darstellung von neuen Welten. Von Veränderung. Von einer positiven Zukunft. Klar wird dabei, dass Veränderung nicht immer etwas Angenehmes ist. Veränderung kann beängstigend sein, uns bedrängen und herausfordern. Anschauliche Texte und Mantra-ähnliche Passagen werden – im wahrsten Sinne des Wortes – auf die Zuschauer eingetrommelt. Die Instrumente stehen im Vordergrund der Performance. Trommeln, Stöcke, Rohre und andere Formen der Schlaginstrumente werden in den unterschiedlichsten Formen getestet. Dabei wird ein polyrhythmischer Sound erzeugt, den die vier Darstellerinnen in einen harmonischen Sound zu verwandeln versuchen. Sozusagen eine neue befremdlich wirkende Art aufzunehmen und das Beste daraus zu machen. Die Drums vermittelt eine Art von Macht über das Publikum, jedoch wird im Laufe der Darstellung auch die Macht der Performerinnen über das Instrument klar. Jeder Schlag mit Kraft wird bewusst gesetzt, als möchte man versuchen, die Trommeln zu brechen. Die Stimmen selbst werden zum wichtigen Instrument. Von tiefen, grollenden Stimmen bis hin zu sanften, harmonischen Klängen. Diversität. Die Stimmen und Klänge werden auf so unterschiedliche Art und Weise übereinander geordnete, dass sie teilweise schwer oder gar nicht zu verstehen sind. Das Verstehen wird aber durch Texte gesichert. Die verschiedenen Arten des Zuhörens.

Während der Darstellung hat man das Gefühl, dass man die vier Performerinnen in ihrem Entwicklungsprozess begleitet. Teilweise ist auch nicht klar, ob gerade ein Fehler geschehen ist oder alles zur Choreographie gehört. Ihre Interaktionen sind so natürlich und familiär. Als Zuseher*in fühlt man sich dabei aber nicht, als würde man etwas stören oder von außen beobachten, man fühlt sich eingeladen, etwas Schönem beizuwohnen. Es wurde ein Raum geschaffen, indem sich sowohl die Darstellerinnen sowie die Zuschauer*innen gleichermaßen entfalten und entwickeln können.

Eine sinnliche Performance, die einen mitreißt und im Takt bewegen lässt, während einen die Texte zum Nachdenken anregen. Am Ende verlässt man den Saal mit einem positiven, vibrierenden Gefühl und freut sich mit den Performerinnen über den scheinbaren Erfolg.


Sprechen Licht fließt heraus (Anabel Priemer)

 Some worlds are normative, and some worlds are polyrhythmic.
 A normative world tries to unify and simplify with sameness.
A polyrhythmic world is made of differences, tensions.

In Kate McIntoshs Stück mit dem Titel To Speak Light Pours Out wird mit ungeahnter Brutalität die Gewalt der Worte entfesselt. In einem sich zu einem reißenden Strom formierenden Stimmengemenge lassen die mal vier, mal drei Performerinnen ihren Schmerz, ihre Ekstase, ihre Vorahnungen verlauten. Und das in voller Lautstärke. Die Phrasen sind mächtig und hallen noch lange nach. „She Pushes Her Fingers Deep into the Mud, and listens as hard as she can to what the mud is saying.“ Die Worte von Rebecca Tamás hallen durch den Saal und kommen aus dem tiefsten Grund der Kehle McIntoshs. Es geht um profunde Veränderung, darum, dass die alte Welt und ihre patriarchale, heteronormative, koloniale Ordnung endgültig vorbei sind.

Der Raum ist konzentrisch strukturiert, wobei die Bühne, einem invertierten Boxring gleich, die Mitte der quadratischen Halle bildet. Die Zuschauer*innen sitzen auf vier Tribünen à 5 Reihen mit ca. 30 -40 Plätzen um die Bühne herum, sodass jede*r einen anderen Blickwinkel bekleidet. Eine circa 6x6m große weißbeteppichte Fläche markiert die Grenzen der Arena. In eineinhalb Stunden verwandeln die Darstellerinnen den Bühnenraum stetig und fließend immer wieder neu, woraus sich ein organisches Wechselspiel zwischen Gezeigtem und Verborgenem ergibt. Die Komposition aus einer schwarzen Halle, dem weißen Boden, gold-schimmerndem Lametta an metallisch-schimmernden Becken erzeugen farblich eine prähistorische Outer-Space-Atmosphäre, in der jegliches Experimentieren möglich zu sein scheint. Das System der Beleuchtung und der Einsatz von Licht tragen zu dieser Bühnenverwandlung maßgeblich bei. Sowohl die hauseigenen Deckenscheinwerfer als auch in und an den Trommeln befestigte Leuchten kommen oft fast unmerklich zum Einsatz und schaffen stimmungsvolle Übergänge.  Dreh- und Angelpunkt für die Darstellerinnen bildet das Schlagzeug mit vielfachem Percussion-Zubehör, das in seine einzelnen Trommel-elemente zerlegt, verteilt und dann wieder zu einem klassischen Drumset zusammengefügt wird. Zwischen den Performerinnen besteht eine innige, vertrauensvolle Verbindung, die sie durch Blickwechsel wiederholt bestätigen. Getragen wird ihre Verbindung von einer Polyrythmizität, die in gemeinsamen Trommel-Percussion-Einlagen oder kanonischem (Sprech-)Gesang zum Ausdruck kommt. Diese alles bestimmende Polyrhythmizität der Performance To speak light pours out von McIntosh und ihren Mitstreiterinnen, ist auch eine Basis der textlichen Ebene des Stücks. So haben die auf verschiedenen Sprachen gesprochenen Sprechpassagen, die auch verschriftlicht auf einem großen Monitor mit schwarzem Hintergrund und weißer Schrift zu lesen sind, ganz unterschiedliche Ursprünge und wurden derer entlehnt, extrahiert möchte man sagen, und dann neu zusammengewürfelt und so zu einem vielstimmigen Choral verformt.


Worte schaffen neue Welten – eine Erfahrung des körperlichen Zuhörens (Tsvetelina Topalova)

Ein Raum, gefüllt von Stimmen, Lauten, Klängen, Gesang, Vibrationen, Lichtern und Körpern. Alles gleichzeitig zusammen und einzeln. Kraftvoll und intensiv, aber auch zärtlich und langsam. Ein Raum mit mehreren Dimensionen, die manchmal schwierig zu unterscheiden sind. Vier Frauen, die diesen Raum ausfüllen. Ein Publikum aus Menschen, die durch ihre Körper und Sinne eine Einheit bilden.

Das war der gesamte erste Eindruck heute Abend bei der multimedialen Performance der talentierten Choreographin, Regisseurin und Performerin Kate McIntosh im brut nordwest in Wien. Die Performance wurde eine einzigartige Erfahrung für jede*n, der/die im selben Raum saß. Kate McIntosh, zusammen mit Ghyslaine Gau, Arantxa Martinez und Anja Müller, schafften es, durch vokalisierte Laute, Schlagzeuge und außerirdischen Gesang das Publikum in eine neue sinnliche Welt zu bringen und körperlich zu aktivieren. Ein körperliches Zuhören und einzigartiges Spielerlebnis war das Ergebnis dieser Performance. Dieses Erlebnis wurde von kraftvollen feministischen Texten unterstützt, die von den vier Darstellerinnen vorgelesen wurden. Sie hatten gleichzeitig einen poetischen Charakter und brachten das Publikum zum Zuhören und Nachdenken. Ein gesamtes Bild von komplexeren Ideen, die aber klar und zugänglich vermittelt wurden, sodass alle Zuschauer*innen deren Botschaft verstehen können.

Was kommt raus, wenn wir reden? Wie beeinflussen wir mit unseren Worten die Welt um uns herum? Was hören wir, wenn wir zuhören?

Das Publikum wurde automatisch aufgefordert, innerhalb der Komplexität und Polythythmik der Stimmen seine Konzentration zu behalten. Je weiter man zuhörte, desto einfacher schaffte man es, die einzelnen Sounds zu unterscheiden und sie im gesamten Kontext zu verstehen. Je länger man zuhörte, desto angenehmer hörte sich alles an. Im Nachhinein gelang es Kate McIntosh, ihr Ziel, das Publikum zum Zuhören zu bringen und sich als ein Ganzes zu fühlen, zu erreichen. Die Spannung war groß und die Darstellerinnen interagierten auf eine sehr gelassene und sympathische Weise mit dem Publikum.

To speak light pours out ist eine außergewöhnliche Performance, die nicht gesehen, sondern mit den Sinnen erlebt werden muss. Am Ende gehen die Zuschauer*innen positiv aufgeladen nach Hause. Kate McIntoshs performatives Experiment hatte auch eine politische Note und vermittelte nicht zuletzt das Gefühl von Widerstand, Mut und Solidarität. Das Stück war ein Appell für positive Einstellung und Hoffnung auf eine bessere Zukunft, die bald kommt.