Von Franziska Owsian
Im Rahmen ihres langjährigen Fotoprojekts Experimental Relationship, stellt die 1979 in Shanghai, China geborene Künstlerin Pixy Liao Vorstellungen von überkommenen Geschlechterrollen in heterosexuellen Beziehungen auf den Kopf. Das geschieht, indem sie sich und ihren fünf Jahre jüngeren japanischen Freund Moroin diversen, oft betont intimen Alltagssituationen inszeniert und dabei klassische Machtverhältnisse auf spielerisch-provokante Art umkehrt. Liaos Interesse an der Visualisierung der Beziehung rührt von ihrer traditionellen Sozialisierung in China her, in der die Ehe mit einem älteren, besser gestellten Mann als anzustrebende Norm gilt. [1] Doch wie kann es aussehen, wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden und stattdessen Mann und Frau ihre Geschlechter- und Machtrollen tauschen? In der Bildfindung Holding hat Liao die Kontrolle übernommen, während Moro – an ein hilfloses Kleinkind erinnernd – nackt auf ihrem Schoß sitzt. Seine Körperhaltung wirkt infantil und subaltern.
Moros Nacktheit, in Kontrast zu der im Kimono bekleideten Liao, verstärkt seine unterwürfige Rolle, die in der Konstellation allerdings liebevoll und beabsichtigt wirkt. Die sanfte Intimität wird durch den häuslichen Innenraum gefördert und natürliches Licht aus der dahinterliegenden Fensterfront leuchtet die Szene schmeichelnd aus. Indem sich Liao in den von ihr inszenierten Paarkonstellationen wiederholt in der überlegenen und dominanten Position präsentiert, stellt sie geschlechtsspezifische Machtdarstellungen in der Geschichte der visuellen Bildkultur in Frage. Gleichzeitig schlägt sie alternative Narrative vor und appelliert damit an die Betrachtenden, gängige Sehgewohnheiten in Frage zu stellen. Mit ihrer Liebe zum Detail und ihrem Blick für das Ganze, schafft es Liao spielerisch, simple, fesselnde und zugleich tiefgründige Kompositionen zu kreieren.
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[1] Vgl. Les Rencontres de la Photographie d’Arles: https://www.rencontres-arles.com/en/expositions/view/760/pixy-liao, (18.03.2022).